Dienstagabend war ich auf einem "Info-Abend" in unserem Kindergarten.
Schon seit Wochen waren Flyer ausgehängt und Listen in denen man sich
eintragen konnte.
Das Thema:
" Trotz - Nein, ich will nicht!"
Ich
fand das Thema sehr interessant und habe mich natürlich eingetragen.
Ich persönlich fand es etwas erschreckend wie wenig Resonanz da war,
wenns hoch kommt 5 Elternteile! Das ist garnichts wenn man bedenkt
wieviel Gruppen es gibt und wieviel Kinder in der jew. Gruppe betreut
werden.
Warum ist das so?
Ist es unschick, redet man nicht
darüber, hat es was mit Versagensangst zu tun wenn man darüber redet,
muss man nach außen hin die perfekte Familie sein? Eine Familie die
alles im Griff hat und die Kinder natürlich
NIEMALS zornen und trotzen?
Wenn
es einen Infoabend über Babymassage, Ernährung, z.B. vom Brei zum
Familientisch etc. gegeben hätte, wäre die Teilnehmerliste sicher
übervoll gewesen.
Aber bei so unangenehmen Themen, oh neee, da
redet man nicht drüber, da kauft man lieber den Bestseller der
Erziehungsratgeber (denn was da drin steht muss ja stimmen) und macht
mal (plump gesagt). Der Autor wird schon recht haben, schließlich ist er
ja vom Fach...
Beim nächsten Ratgeber steht dann wieder was ganz anderes drin,
"owe, aber XY hat das doch so geschrieben...was mach ich denn jetzt..."?
Ich
habe auch so ein paar Exemplare dabei, schrecklich, ich konnte mich mit
einigen Methoden absolut nicht anfreunden, bestes Beispiel, "Jedes Kind
kann schlafen lernen" oder "Jedes Kind kann Regeln lernen" (die beiden
Bücher stell ich übrigens demnächst in den Flohmarktteil hier auf meinem
Blog).
So weit so gut, ich war jedenfalls froh und bereue es absolut NICHT dass ich gestern Abend auf diesem Vortrag war.
Ich
hätte dieser Frau stundenlang zuhören können, vieles was sie erzählte,
erklärte war auf einmal so "klar", ich dachte oft "Mensch, ja klar,
klingt logisch..."
Was ist denn Trotz?
Trotz ist
ein sehr wichtiger Schritt in der kindlichen Entwicklung! Er gehört dazu
oder wie es gestern Abend hieß, "ohne Trotz wird niemand erwachsen" ;-)
Trotzphasen
beginnen meißt mit 2-3 Jahren, wenn ein Kind versucht seine Bedürfnisse
geltend zu machen, wenn es eine Situation als schwierig erlebt und sich
nicht durchsetzen kann.
Das ICH steht ganz arg im
Vordergrund und hat für mich, für mein Verständnis NICHTS mit einem
egoistischen, durchtriebenen Kind zu tun, welches mit aller Gewalt
seinen Willen durchsetzen will.
Der eigene Wille
entwickelt sich, es ist kein Baby mehr, ein Kind spürt und entdeckt
seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche. Diese sind andere als das was
natürlich wir Eltern, was unser Umfeld erwartet.
Mit Trotz versucht ein Kind also seine Ansprüche, seine Bedürfnisse zu verteidigen.
Sie
können sich ja auch noch garnicht richtig mitteilen, ausdrücken, vieles
können die Kleinen auch einfach noch nicht verstehen.
(Ich habe
mich während des Vortrages oft dabei ertappt wie ich gedacht habe " Man,
wir erwarten und verlangen ganz schön viel von unseren Kindern"...)
Abgesehen
davon lernt ein Kind in dieser Zeit sehr viel, es beginnt zu sprechen,
zu laufen, es versucht alleine die Schuhe anzuziehen, zu klettern etc.
Es
hat ein Erfolgserlebnis, es freut sich riesig in dem Moment, z.B. wenn
es alleine eine Treppe hoch gelaufen ist. Und auf der anderen Seite
kommt es recht schnell wieder an seine eigenen Grenzen. Nun ist es
alleine, freudestrahlend die Treppe hoch gelaufen, dreht sich um und
sieht, dass es ja garnicht alleine wieder runter kommt, dass z:B. Mama
weit weg ist.
Es sind die Kleinigkeiten, spielen ist
wie Arbeit für die Kleinen. Wenn man da natürlich das Kind aus dieser
Situation, ich sag jetzt mal "raus reisst", man verlangt dass es aufhört
zu spielen weil z.B. ein wichtiger Termin ansteht, man zur Arbeit muss
und vorher das Kind noch in den Kindergarten bringen muss etc... dann
ist das natürlich für so nen Zwerg ein Weltuntergang. Das man es zeitig
ankündigen sollte, "...du, noch 5 Minuten dann müssen wir aber los..."
(oder so ähnlich).
Klare Ansagen und konsequent bleiben, ein JA ist ein JA und ein NEIN ist ein NEIN!
Das
hört sich logisch an, klar, aber sicher gehts da vielen Eltern so wie
mir. Manchmal gibt man eben doch nach, bleibt nicht bei seiner Aussage
weil man in dem Moment vielleicht einfach den Weg des geringsten
Widerstandes gehen mag ;-)
Es hieß man soll das emotionale
Verhalten des Kindes nicht persönlich nehmen, bei uns passierte es auch
schon das Töchterlein in einem Tobsuchtsanfall schrie "Mama du bist
doof, du bist Kacka". Persönlich hab ich das noch nie genommen, i m
Gegenteil, ich musste mir in dem Moment noch das lachen verkneifen.
Lachen möchte man ja auch nicht in so einer Situation, dass wird dann
evtl. als auslachen aufgefasst und erweckt im Kind vielleicht den
Gedanken man nimmt es in seiner Situation nicht ernst.
Sich hineinfühlen in die Situation des Kindes, Verständnis und versuchen dies mit einfachen Worten wiederzugeben.
"Ich
kann ja verstehen dass Du zornig bist, Du willst noch weiter
spielen...aber das geht jetzt nicht,die Mama hat einen Termin... Doch
komm, wenn wir später wieder zuhause sind spielen wir zusammen
weiter..."
Mitgefühl und auch zeigen dass man zwar mit dem Verhalten des Kindes nicht einverstanden ist, es aber trotzdem geliebt wird.
Das ist meiner Meinung nach verdammt wichtig! Ich habe schon oft festgestellt dass die Kleinen das nicht unterscheiden können.
Wenn
ich mal schimpfe, sich mein Ton verändert, vielleicht auch mal zu
Töchterlein sage "du bist gerade garnicht lieb, du ärgerst die Mama"...
dann kann es passieren dass Töchterlein sofort Panik kriegt und sagt
"Aber Mama, ich hab Dich doch lieb"!
Ich erkläre ihr dann das ich sie IMMER LIEB habe, egal was sie anstellt. Lieb sein und jemanden lieb haben zweierlei sind.
(Garnicht so einfach das mit einfachen Worten zu erklären ;-) )
Was
ich nicht wußte, bzw. noch nie gehört hab war dass Kinder nicht bei
jedem zornen oder trotzig sind. Dass es Personen sind wo sie, ich sag
jetzt mal "wissen" dass sie das dürfen. Personen wo sie sicher sind dass
sie sich auch mal unangepasst verhalten dürfen und dass diese Person
das auch aushält, das Kind auffängt...
Das Prinzip des
"Festhaltens" fand ich auch erstaunlich. Wenn garnichts mehr geht, dass
man das Kind festhält, bis der Anfall vorbei ist.
Ich dachte im ersten Moment, "wie, festhalten? gegen seinen Willen? Darf ich das etc...?"
Irina Prekop hat
da eine ich sage jetzt mal "Festhaltetherapie" entwickelt....bin da
selber noch am einlesen. Aber die These find ich interessant. Dass da
"jemand" ist der mich aushält, mich halten tut, auch wenn alles so
"schrecklich ist"...
FAZIT:
Verdammt viel Input! Ich kam spät nach Hause und mein Kopf war regelrecht "voll" ;-)
Es
gab Situationen in denen ich Tränen in den Augen hatte weil ich an
meine Kindheit dachte, an Erziehungsmethoden die man vielleicht noch vor
30-40 Jahren hatte.
Früher, ja "früher war ja alles anders" (blabla)
Auch
früher gab es trotzende, zornige Kinder doch drakonische Strafen,
Disziplinierungsmaßnahmen, Liebesentzug oder einfach den Widerstand im
Keim ersticken brachen wohl eher den Willen eines Kindes.
Und die Folgen?
Schuldgefühle,
Minderwertigkeitskomplexe...oder Gedanken wie "ich muss es jedem recht
machen damit man mich mag und ich geliebt werde".
Lernen NEIN zu sagen muss man mühsam lernen (oh ja, da kann ich ein Lied von singen)...
Ich
glaube es ist normal dass man sich sagt " ich möchte bei meinen Kindern
einiges anders machen" und ich persönlich weiß dass ich auf dem
richtigen Weg bin ;-)
Mein Kind mag manchmal aufmüpfig und
impulsiv sein, es gab Situationen in denen man mir sagte wenn ich jetzt
nicht knallhart durchgreife macht mein Kind mit mir was es will... oder
noch besser ich bekam schon sogenannte "Tips" ich solle doch mein Kind
in seinem Zimmer einschließen dass wäre immerhin besser als
schlagen"....
HALLO? GEHTS NOCH!?
Es geht auch anders, mit Ermahnungen und wenn das nicht geht den Konsequenzen daraus...etc.
Ich jedenfalls bin stolz auf mein Töchterlein, so anstrengend wie mein Löwenmädchen auch sein mag ;-)
Sie darf zornen und toben, sie hat ihr Selbstbewußtsein, probiert vieles aus und ist nicht so ängstlich.
Sie wird ihren Weg gehen und wenn sie diese selbstbewußte Art beibehält ist das super!
Wer weiß was die Zukunft bringen mag, mit was sich unsere Kinder noch auseinandersetzen müssen.
Aber ich werde für sie da sein, sie halten, stärken und trösten wann immer es nötig ist!
Ihr
Platz und Raum bieten zum weinen, schreien und wütend sein, ich werde
ihr die Schulter zum ausweinen sein und zu einer "Löwenmama" werden wenn
ihr Unrecht geschieht!
Und das wichtigste, die LIEBE, die BEDINGUNGSLOSE LIEBE die IMMER das sein wird.
Sind
so kleine Hände
winz´ge Finger dran.
Darf man nie drauf schlagen
die zerbrechen dann.
Sind so kleine Füße
mit so kleinen Zehn.
Darf man nie drauf treten
könn´ sie sonst nicht gehn.
Sind so kleine Ohren
scharf, und ihr erlaubt.
Darf man nie zerbrüllen
werden davon taub.
Sind so kleine Münder
sprechen alles aus.
Darf man nie verbieten
kommt sonst nichts mehr raus.
Sind
so klare Augen
die noch alles sehn.
Darf man nie verbinden
könn´ sie nichts mehr sehn.
Sind so kleine Seelen
offen ganz und frei.
Darf man niemals quälen
gehn kaputt dabei.
Ist so´n kleines Rückgrat
sieht man fast noch nicht.
Darf man niemals beugen
weil es sonst zerbricht.
Grade, klare Menschen
wär´n ein schönes Ziel.
Leute ohne Rückgrat
hab´n wir schon zuviel.
(Songtext von Bettina Wegner)